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Zufriedene Sexualität

In unserem Verständnis von Abhängigkeitserkrankung ist es von zentraler Bedeutung, diese als ein ganzheitliches Phänomen mit multiplen Ursachen und multiplen Folgen zu betrachten. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, wenden wir uns auch sexuellen Problemstellungen zu, die sowohl ursächlich für die Entstehung einer Suchtkrankheit sein können, als auch den Beeinträchtigungen, die in Folge einer Abhängigkeit auftreten, zugeordnet werden können. Für unser therapeutisches Selbstverständnis gehört zufriedenstellende Sexualität unverrückbar zu den zentralen individuellen Behandlungszielen. Die konkrete Ausgestaltung ist hierbei hochindividuell.

Sexuelle Dysfunktion

Störungen der sexuellen Funktionen können sowohl psychische als auch organische Ursachen haben, sie können durch langjährigen Suchtmittelmissbrauch verursacht worden sein oder auch im Hintergrund einer Suchtentwicklung gestanden haben. Voraussetzung für eine Therapie ist eine gründliche und differenzierte medizinische wie auch psychologische Sexual-Anamnese, um Zusammenhänge verstehbar zu machen und adäquate Behandlungsschritte planen zu können. Da diese Thematik oft schambesetzt ist, bleibt sie auf Wunsch der Patienten Einzelgesprächen vorbehalten. Sollte eine Einbindung der Partner/des Partners notwendig erscheinen, würde dies in Paargesprächen gemeinschaftlich thematisiert.

Hypersexualität

Hypersexualität lässt sich als eigenständige Suchtform verstehen, die sich in allen Dimensionen der Suchtsymptomatik manifestiert, wie jede andere Sucht gleichzeitig von wachsendem Leidendruck aber auch sich verstärkenden Bagatellisierungs- und Verleugnungstendenzen begleitet wird und auch zu Leidensdruck im sozialen Umfeld führen kann. Gesteigertes sexuelles Verhalten dient hierbei als Bewältigungsstrategie unangenehmer emotionaler Zustände. Die besondere Tragik der Hypersexualität ist es, dass mit fortschreitender Problematik, die eigentliche Zielsetzung jeder Sexualität, nämlich die Befriedigung, immer seltener erreicht wird und nur das Getriebene, die Zielentwertung der Suchtdynamik übrig bleibt. Gleichzeitig ist sie oft eng mit der Einnahme bestimmter Drogen verbunden, mit denen das sexuelle Bedürfnis wissentlich oder unwissentlich gesteigert wird. Auch hier gilt es, die Problematik gemeinsam zu verstehen und tragfähige Lösungen zu finden. Natürlich kann hier nicht dauerhafte Abstinenz das Ziel sein, eine befristete Abstinenz ist oft jedoch durchaus hilfreich, um anschließend sexuelles Erleben neu bewerten zu können.

Sexuelle Identität

Wir sind davon überzeugt, dass Wissen um und Akzeptanz der sexuellen Identität für eine zufriedenstellende Sexualität von zentraler Bedeutung ist. Dieser Prozess gelingt jedoch oft nicht vollständig und wird so zur Belastung und möglichem Krankheitsauslöser. Diese internalisierte Abneigung hinsichtlich der eigenen sexuellen Identität beginnt oft bereits in pre-pubertären Entwicklungsstadien und äußert sich durch starke Schamgefühle über die eigene sexuelle Identität. Durch eine fehlende Auseinandersetzung mit Peers, fehlende hinreichende Rollenmodelle, ein der sexuellen Identität negativ gegenüberstehendes Umfelds oder fehlende Unterstützung durch das direkte soziale Umfeld (Eltern, etc.), können sich oft keine hilfreichen Bewältigungsstrategien im Umgang mit den Schamgefühlen, dem Gefühl des Anderssein, entwickeln. Dies äußert sich in weiteren Lebensabschnitten in Abwehrverhalten gegenüber der eignen Identität (z.B. Beziehungen mit dem anderen Geschlecht) oder emotionaler Instabilität mit autoaggressiven Verhaltensweisen, um die eigene Gefühlswelt (z.B. Wut gegenüber den vermeintlichen Unzulänglichkeiten) zu betäuben, wie erhöhter Alkohol- und Drogenkonsum oder den Versuch den Selbstwert durch eine erhöhte Sexualität zu steigern. Fehlende Eigenakzeptanz kann hierbei zur Entwicklung einer Abhängigkeit beitragen.

Gemeinsam mit dem Patienten werden stimmige Erklärungsmodelle für die Entstehung und Aufrechterhaltung der Sucht und möglicherweise komorbider Störungen (z.B. Depression) erstellt. Im Rahmen dieser Erklärungsmodelle werden neue hinreichende Verhaltensverweisen erprobt und erlernt im Umgang mit Gedanken, Gefühlen, Problemen und den schambasierten Traumata. Ebenso wird Unterstützung geboten in dem weiteren Durchlaufen der Entwicklungsphasen nicht-heterosexueller Identitäten. Patienten haben die Möglichkeit an DBT (Dialektisch behaviorale Therapie) und ACT (Akzeptanz- und Commitment-Therapie) basierten indikativen Gruppen teilzunehmen, welche sich auf die aktuell unzureichende Emotionsregulation im Umgang mit den internalisierten Schamgefühlen und der internalisierten Wut richten und als Empfehlungen in der Therapie mit Menschen der LGBT -Community gesehen werden. Die Entwicklung einer selbstmitfühlenden Haltung als entgegengesetzter Faktor zu internalisierter und persistierender Scham steht hier im Vordergrund.

Entwöhnungsbehandlung für schwule Männer und MSM im St. Marienstift

Wir sind davon überzeugt, dass Wissen um und Akzeptanz der sexuellen Identität für eine zufriedenstellende Sexualität von zentraler Bedeutung ist. Die hohe Prävalenz an Missbrauch von Substanzen bis hin zu Abhängigkeitserkrankungen unter schwulen Männern und MSM (Männern, die Sex mit Männern haben) können in diesem Zusammenhang sehr unterschiedliche Ursachen haben. Oft werden die entwicklungsrelevanten Variablen des Minderheitenstressmodels (Meyer, 2003) und eine Stagnierung/Abwehr während der Entwicklungsphasen einer nicht-heterosexuellen Identität (Cass 1979, 1984, 1996) als mögliche Erklärungsmodelle herangezogen. Zwei ursächliche Faktoren, welche sich aus diesen Modellen ableiten lassen sind:

 

– internalisierte Homonegativität hinsichtlich der eigenen sexuellen Identität
– Internalisierte Homonegativität hinsichtlich der eigenen sexuellen Orientierung.

 

Diese internalisierte Abneigung gegenüber der eigenen sexuellen Identität und/oder Orientierung beginnt oft bereits in prä-pubertären Entwicklungsstadien und äußert sich in starken Schamgefühlen gegenüber der eigenen sexuelle Identität/Orientierung. Durch eine fehlende Auseinandersetzung mit Peers, fehlende hinreichende Rollenmodelle, ein starkes homonegatives Umfeld oder fehlende Unterstützung durch das direkte soziale Umfeld (Eltern, etc.), können sich oft keine hilfreichen Bewältigungsstrategien im Umgang mit den Schamgefühlen, dem Gefühl des Anderssein, entwickeln. Dies äußert sich in weiteren Lebensabschnitten in Abwehrverhalten gegenüber der eignen Identität (z.B. Beziehungen mit dem anderen Geschlecht) oder emotionaler Instabilität mit autoaggressiven Verhaltensweisen, um die eigene Gefühlswelt (z.B. Wut gegenüber den vermeintlichen Unzulänglichkeiten) zu betäuben, wie erhöhter Alkohol- und Drogenkonsum oder den Versuch den Selbstwert durch eine erhöhte Sexualität zu steigern (Downs, 2005). Hierbei wird durch Nähe zu schwulen Männern probiert, ein vermeintliches Gefühl der Zugehörigkeit zur Community zu erreichen. Hierdurch kann es eventuell zur Entwicklung einer Abhängigkeit kommen.

 

Gemeinsam mit den Klienten werden stimmige Erklärungsmodelle für die Entstehung und Aufrechterhaltung der Sucht und möglicher komorbider Störungen (z.B. Depression) erstellt, anhand der oben benannten Modelle. Im Rahmen dieser Erklärungsmodelle werden neue hinreichende Verhaltensverweisen erprobt und erlernt im Umgang mit Gedanken, Gefühlen, Problemen und den schambasierten Traumata. Ebenso wie Unterstützung geboten wird in dem weiteren Durchlaufen der Entwicklungsphasen nicht-heterosexueller Identitäten (Cass 1979, 1984, 1996). Die Behandlung, sowie die Therapeuten, orientieren sich hierbei an den Grundsätzen der affirmativen Psychotherapie (Göth & Kohn, 2014).
Klienten haben die Möglichkeit an DBT (Dialektisch behaviorale Therapie) und ACT (Akzeptanz und Commitmenttherapie) basierten indikativen Gruppen teilzunehmen, welche sich auf die aktuelle unzureichende Emotionsregulation im Umgang mit den internalisierten Schamgefühlen und der internalisierten Wut richten und als Empfehlungen in der Therapie mit Menschen der LGBT-Community gesehen werden (Downs, 2012; Johnson & Yarhouse, 2013; Yadayaia, & Hayes, 2012). Die Entwicklung einer selbstmitfühlenden Haltung als entgegengesetzter Faktor zu internalisierter und persistierender Scham wird fokussiert (Germer, 2009; Neff, 2011).

Gemeinsam mit dem Patienten werden stimmige Erklärungsmodelle für die Entstehung und Aufrechterhaltung der Sucht und möglicherweise komorbider Störungen (z.B. Depression) erstellt. Im Rahmen dieser Erklärungsmodelle werden neue hinreichende Verhaltensverweisen erprobt und erlernt im Umgang mit Gedanken, Gefühlen, Problemen und den schambasierten Traumata. Ebenso wird Unterstützung geboten in dem weiteren Durchlaufen der Entwicklungsphasen nicht-heterosexueller Identitäten. Patienten haben die Möglichkeit an DBT (Dialektisch behaviorale Therapie) und ACT (Akzeptanz- und Commitment-Therapie) basierten indikativen Gruppen teilzunehmen, welche sich auf die aktuell unzureichende Emotionsregulation im Umgang mit den internalisierten Schamgefühlen und der internalisierten Wut richten und als Empfehlungen in der Therapie mit Menschen der LGBT -Community gesehen werden. Die Entwicklung einer selbstmitfühlenden Haltung als entgegengesetzter Faktor zu internalisierter und persistierender Scham steht hier im Vordergrund.

Literatur

Cass, V. C. (1979). Homosexuality identity formation: A theoretical model. Journal of homosexuality, 4(3), 219-235.

 

Cass, V. C. (1984). Homosexual identity formation: Testing a theoretical model. Journal of sex research, 20(2), 143-167.

 

Cass, V. (1996). Sexual orientation identity formation: A Western phenomenon. In Cabaj, R.P. (Ed); Stein, T. S. (Ed). Textbook of homosexuality and mental health, (pp. 227-251). Arlington, VA, US: American Psychiatric Association, xliii, 978 pp.

 

Downs, A. (2012). The velvet rage: Overcoming the pain of growing up gay in a straight man’s world. Da Capo Press.

 

Germer, C. K. (2009). The mindful path to self-compassion: Freeing yourself from destructive thoughts and emotions. Guilford Press.

 

Göth, M., & Kohn, R. (2014). Sexuelle Orientierung: in Psychotherapie und Beratung. Springer-Verlag.

 

Johnson, V. R., & Yarhouse, M. A. (2013). Shame in sexual minorities: Stigma, internal cognitions, and counseling considerations. Counseling and Values, 58(1), 85-103.

 

Neff, K. (2011). Self compassion. Hachette UK.

 

Yadavaia, J. E., & Hayes, S. C. (2012). Acceptance and commitment therapy for self-stigma around sexual orientation: A multiple baseline evaluation. Cognitive and Behavioral Practice, 19(4), 545-559.

MSM und Chemsex

Bei Männern, die ihre Sexualität mit Männern ausleben stellt der Konsum von bestimmten Substanzen im Ausleben der Sexualität eine besondere Untergruppe dar. Nach Kontakt‐ und Konsumanbahnung über Internetportale (z.B. Grindr, Gay Romeo) kommt es zu Konsum-“Sessions“ v.a. in privaten Kontexten oder/und an Szeneorten. Im Verlauf von promiskuitivem Hochrisikoverhalten im Hinblick auf die körperliche (und psychische) Gesundheit werden häufig Methamphetamin, Ketamin, Kokain und mit hoher Priorisierung GHB/GBL konsumiert. Es kann zu i.v.-Konsum („Slammen“) kommen; die Koinzidenz von konsumierten Substanzen und intensiver Sexualität werden als Chemsex bezeichnet. Substanzen und sexuelles Handeln gewinnen den Stellenwert eines eigenen Fetischs, hinzu kommt nicht selten intensiver Konsum von Pornographie.

Unterschieden werden zwei Konsumentengruppen
  1. MSM mit Konsumerfahrungen seit der frühen Jugend (i.d.R. beginnend mit Alkohol, Cannabis, sog. „Partydrogen“). Es folgt die Verfestigung eines Konsums (auch zusätzlicher Suchtmittel) in sexuellen Settings: „Chemsex“
  2. MSM, die erst im Erwachsenenalter (oft nach kritischen Lebensereignissen) in Berührung kommen mit Substanzkonsum im sexuellen Kontext („Chemsex“).

Konsumiert werden vor allem:

  • Methamphetamin (häufig i.v.‐Konsum/ “Slamming“)
  • GHB/GBL
  • Ketamin
  • Amylnitrit (sog. „Poppers“)
  • Kokain
  • Amphetamine und MDMA
  • NPS (z.B.Mephedron)
  • Opioide

„Chemsex“‐Hotspots sind in Deutschland die großen Oberzentren, also Großstädte insbesondere im Großraum Köln, Berlin, Hamburg, Frankfurt, München

Einige Inhalte einer gezielten Therapie in der Indikationsgruppe „Rausch und Lust“:

 

  • Konsumeinstieg
  • Wirkungserwartungen an den Konsum
  • Negative Konsumfolgen
  • Lebensgeschichtliche Einflussfaktoren auf das Sexual‐und Konsumverhalten
  • Gestaltung einer substanzfreien Sexualität

Die konkrete Umsetzung beginnt immer mit einer ausführlichen Sexualanamnese, durch speziell ausgebildete Sexualtherapeuten und/oder Bezugstherapeut/in. Das Setting ist in der Regel eine Einzeltherapie. Gezielte fachärztlich/psychiatrische Versorgung ist gewährleistet- zwei spezifische Indikationsgruppen werden angeboten („Rausch und Lust“ sowie „Sucht und Männer“.

 

Paargespräche/Paarbehandlung können im Bedarfsfall angeboten werden, ebenso (heterogene) Angehörigenseminare.

Haben Sie noch Fragen? Wir planen mit Ihnen Ihre Reha. Kontaktieren Sie uns!

 

Telefon: 05493-502 0  / E-Mail: info@sucht-fachkliniken.de

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